Warum geraten Wälder aus dem Gleichgewicht?
Das Hauptaugenmerk der von der DFG geförderten Emmy Noether-Forschungsgruppe liegt auf einem detaillierten Prozessverständnis des Kohlenstoff- und Wasserkreislaufs in Bäumen und Wäldern, insbesondere wenn sie Stress von unterschiedlicher Intensität und Dauer ausgesetzt sind. Das Hauptuntersuchungsobjekt ist die Waldkiefer, eine der am weitesten verbreiteten Baumarten in Europa, die sich bereits als empfindlich auf extreme Dürreereignisse gezeigt hat. Unser besonderes Interesse gilt den zugrundeliegenden physiologischen Reaktionen von Wachstumsverlusten und Tod. Dazu gehört die Baumhydraulik, der Gasaustausch und die Kohlenstoffverteilung während Hitze- und Trockenstress sowie die Fähigkeit, sich wieder vom Stress zu erholen. Auf der Grundlage von Versuchsergebnissen und Ökosystembeobachtungen werden wir ein vorhandenes, physiologisch-basiertes Modell (LandscapeDNDC) weiterentwickeln, um die Reaktionen von Kiefernwäldern auf künftige Klimaextreme besser bewerten zu können.
Woran erkennen wir dürrebedingtes Baumsterben?
Als Folge des Klimawandels nimmt die Häufigkeit sommerlicher Dürreereignisse weltweit zu. Die Kombination aus Bodentrockenheit und hohen Temperaturen kann tödliche Schäden an Bäumen verursachen. Die trockenen Sommer 2018 und 2019 haben die Wälder in weiten Teilen Mitteleuropas stark in Mitleidenschaft gezogen, und viele Millionen Bäume starben ab, was u.a. zu großen finanziellen Verlusten für die Waldbesitzer führte. Um die Auswirkungen solcher Extremereignisse auf die Wälder in Deutschland und Mitteleuropa besser zu verstehen, wollen wir hyper-spektrale Satelliteninformationen mit hochauflösenden Bilddaten und Waldmonitoringdaten kombinieren. Dieser kombinierte Datensatz wird dann verwendet, um die Umweltfaktoren zu identifizieren, die das räumliche Muster der stressbedingten Waldschäden beeinflussen. Ein verfeinertes räumliches Verständnis des Auftretens von Schäden in Abhängigkeit von Umweltfaktoren ist eine Voraussetzung für die Entwicklung von Modellen und die prädiktive Analyse der Waldgesundheit. Dieses Projekt wird vom Center for Disaster Management and Risk Reduction Technology (CEDIM) finanziert.
Verändern sich Wasserflüsse in Ökosystemen durch den Klimawandel?
Das interdisziplinäre BioWaWi-Projekt zielt darauf ab, Strategien für die kommunale Wasserwirtschaft zu entwickeln, die die biologische Vielfalt und die Ökosystemleistungen unterstützen. Unsere spezifische Forschung im Rahmen des Projekts befasst sich mit der Wassernutzung und der Grundwasserversorgung in repräsentativen Ökosystemen sowie mit der Anfälligkeit dieser Ökosysteme für Veränderungen des Klimas und der Wasserwirtschaft. Das LandscapeDNDC-Modell wird für verschiedene Ökosysteme innerhalb ausgewählter Einzugsgebiete initialisiert, und es werden standortspezifische Wasserflüsse für das aktuelle und das prognostizierte zukünftige Klima berechnet. Ein spezifisches Ziel besteht darin, zu bewerten, wie sich die Leistung und Anfälligkeit der vorherrschenden Baumarten ändern kann und wie die Wasser- und Waldbewirtschaftung angepasst werden könnte, um den Wasserbedarf der Ökosysteme zu decken.
Welche Ökosystemdienstleistungen bieten Stadtbäume?
Unser Ziel ist es, die Auswirkungen von Stadtbäumen auf das Mikroklima und die Luftverschmutzung in Karlsruhe unter aktuellen und zukünftigen Klimabedingungen zu bewerten. Dabei wird ein neu entwickeltes physiologisch-basiertes Modell angewandt, das die Auswirkungen von Trockenheit sowohl auf die kühlende Wirkung der Vegetation als auch auf die Schadstoffaufnahme durch die Pflanzen berücksichtigt. Die Arbeit wird potenziell die Auswirkungen von mehr als 100.000 Bäumen in Karlsruhe und Umgebung umfassen und zur Entscheidungshilfe darüber beitragen, wo, wie viele und welche Arten gepflanzt werden sollten. Dies ist ein Teilprojekt des BMBF-geförderten Forschungsprojekts Grüne Lunge.
Widerstandsfähigkeit der Wälder gegenüber dem Klimawandel: Von der Pflanzenphysiologie zur Ökosystemdynamik
Extreme Dürreperioden in Verbindung mit Hitzewellen treten weltweit immer häufiger und heftiger auf. Die Auswirkungen auf die Funktionsweise von Bäumen und Wäldern sind vielfältig und umfassen das Absterben von Bäumen und eine geringere Gesundheit der Wälder, wie sie in vielen Regionen der Welt zu beobachten ist, mit eindeutigen Folgen für die gut dokumentierte Kohlendioxidsenke der Wälder. Bislang fehlen uns jedoch Mittel, um die langfristigen Auswirkungen auf die Widerstandsfähigkeit und Produktivität der Wälder über einzelne Dürreereignisse hinaus zu quantifizieren. Es besteht nach wie vor eine eklatante Wissenslücke darüber, was die Erholung und das Überleben von Bäumen nach Dürreereignissen bestimmt, einschließlich der Schwellenwerte, die funktionelle Schäden verursachen, und der Rolle von Reparaturmechanismen. Um diese Herausforderung zu bewältigen, integrieren wir experimentell gewonnene baumphysiologische Erkenntnisse über Erholungsreaktionen und Stressvererbung in prozessbasierte Modellierung. Ein großer Mehrwert für die Modellierung ergibt sich aus der Kombination und Analyse von Beobachtungsdaten, die verschiedene räumliche und zeitliche Skalen abdecken, unter Verwendung von Algorithmen der künstlichen Intelligenz. Im Rahmen der experimentellen Arbeiten wird die kurz- und langfristige Erholungsdynamik der Photosynthese, der Wasserverhältnisse, des Kohlenstoffstoffwechsels und des Wachstums europäischer Baumarten untersucht, und auch potenzielle Akklimatisierungsmechanismen betrachtet. Die Kombination von Modellierung, experimentellen Studien und Beobachtungsdaten ermöglicht einen bedeutenden Durchbruch in unserem Verständnis der Auswirkungen von Dürre in bewaldeten Ökosystemen und bietet eine wissenschaftliche Grundlage für die Bewertung der Widerstandskraft von europäischen Wäldern gegenüber Extremwetterereignissen.
Extreme droughts combined with heatwaves are intensifying in frequency and severity world-wide. The impacts on tree and forest functioning are manifold, including tree dieback, and reduced forest health as observed in many regions world-wide with clear consequences for the well-documented contemporary carbon dioxide sink of forests. Yet to date, we lack means to quantify long-term impacts on forest resilience and productivity beyond specific individual drought events. A striking knowledge-gap persists on what determines tree recovery and survival following drought release, including the thresholds causing functional damage and the role of repair mechanisms. To tackle this challenge, we integrate experimentally-derived tree physiological understanding of recovery responses and stress legacy into process-based modelling. Large added-value to the modelling will be provided by combining and analysing observation-based data that cover different spatial and temporal scales using artificial intelligence algorithms. In the experimental work, short- and long-term recovery dynamics of photosynthesis, water relations, carbon metabolism and growth of European tree species will be studied including potential acclimation mechanisms. The combination of modelling, experimental studies and observational data allow for a major breakthrough in our understanding of drought legacy in forested ecosystems, and provide a scientific-base to assess and guide the resilience of European forests to climatic extremes.
Wie wirkt sich die Klimaveränderung auf die Entwicklung von Wäldern aus?
Mit dem LandscapeDNDC-Modell (https://ldndc.imk-ifu.kit.edu/about/model.php) leisten wir einen Beitrag zum Sonderforschungsbereich „ECOSENSE“, der von der Universität Freiburg (https://ecosense.uni-freiburg.de/) geleitet wird. Hier werden Energie-, Kohlenstoff- und Wasserflüsse in einem gemischten Altbestand mit Douglasie (Pseudotsuga menziesii), Weißtanne (Abies alba) und Rotbuche (Fagus sylvatica) im Schwarzwald untersucht. Einerseits werden die physiologischen Prozesse im Modell anhand zahlreicher Messungen evaluiert und weiterentwickelt, andererseits dienen die Simulationen der Optimierung des Sensoreneinsatzes sowie der Eingrenzung von Verfahren der künstlichen Intelligenz. Das Teilprojekt wird gemeinsam mit der IFU-Arbeitsgruppe „Ökosystemare Stoffflüsse“ von Ralf Kiese (https://bgc.imk-ifu.kit.edu/ecosystem-matter-fluxes) durchgeführt.
Entscheidungshilfen für Pflanzung und Pflege von Stadtbäumen
Damit Bäume in der Stadt auch in Zeiten von zunehmender Hitze und Trockenheit ihre wohltuenden Wirkungen entfalten können, sollten geeignete Arten ausgewählt und ggf. rechtzeitig Maßnahmen zu ihrem Schutz einleitet werden. Daher versuchen wir im Projekt ZUkunftsorientiertes KlimAwandel-MAanagement für Städtische Grünflächen (ZUKAMAS), an dem verschiedene Forschergruppen des KIT und der Universität Freiburg beteiligt sind, mehr über die Empfindlichkeiten von Bäumen herauszufinden. Wie stark leiden Bäume unter städtischer Hitze? Können sie sich selbst abkühlen? Was passiert, wenn zusätzlich auch das Wasser fehlt? Zur Beantwortung dieser Fragen werden klimatische und physiologische Messungen durchgeführt und mit Hilfe von Baummodellen ausgewertet. Dieses Projekt wird vom Wissenschaftsministerium Baden-Württemberg aus dem Programm „Innovationscampus Nachhaltigkeit“ gefördert.
Welche Fragen haben wir in früheren Projekten beantwortet?
Klimanutzen und Rückkopplungen von Halbtrockenwäldern
In diesem von der DFG geförderten Verbundprojekt (2015-2019) mit Kollegen vom Weizmann-Institut (Israel) haben wir die Reaktionen von Aleppo-Kiefern auf künftige, zunehmend extreme Bedingungen quantifiziert, wie sie für die Negev-Region vorhergesagt werden. Wir untersuchten, wie die Bäume heute und in Zukunft mit Hitzewellen und Trockenheit unter erhöhten atmosphärischen Kohlendioxidkonzentrationen zurechtkommen. Wir haben den Gasaustausch sowie die Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen und Metaboliten unter kontrollierten Bedingungen an jungen Bäumen im Gewächshaus gemessen. Dabei zeigte sich z.B., dass hohe Temperaturen in Kombination mit Trockenheit leicht zu einem direkten Hitzetod führen können (Birami et al. 2018), oder dass sterbende Bäume bereits vor sichtbaren Symptomen anhand ihres einzigartigen Musters an ausgestoßenen Gasen (VOC-Fingerabdruck) identifiziert werden können (Birami et al. 2021). Außerdem fanden wir keine eindeutigen Hinweise darauf, dass erhöhtes CO2 die Stressreaktionen auf Hitze und Trockenheit bei jungen Aleppo-Kiefern abmildern würde (Birami et al. 2020; Gattmann et al. 2020).
Stressinduzierte BVOC-Emissionen
Biogene flüchtige organische Verbindungen (BVOCs) sind teils hoch reaktive und werden von fast allen Pflanzen emittiert, wobei sie potentiell die Chemie der Atmosphäre und damit die Luftqualität verändern. In diesem Georg-Forster-Stipendium der Humboldt-Stiftung für Dr. Elizabeth Gaona (2019-2021) wurden Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen von Bäumen in Abhängigkeit von Hitze- und Trockenstress quantifiziert. Darüber hinaus wurde die atmosphärische Oxidation von stressbedingten BVOC-Emissionen in einer Kooperation mit Kollegen des Forschungszentrums Jülich unter Verwendung der Saphir-PLUS-Kammer untersucht.